Mittwoch, 20. August 2008

Ausführungen zur Beurteilung von Märkten

Gewöhnlich mache ich keine Aussagen über die allgemeine Marktbewertung. Allerdings ist die Verunsicherung vieler Menschen in Zusammenhang mit Börsenkursen so groß, dass es nicht schaden sollte etwas zum besseren Verständnis von Märkten und ihrer Bewertung beizutragen.

Börsenkurse schwanken - weit mehr als sie sollten. Letztlich ist die Börse nur ein Spiegelbild der Wirtschaft. Da die meisten Investoren jedoch in Wahrheit Spekulanten sind, die sich so verhalten als ob die Börse ein einziges großes Spielkasino sei, spiegelt die Börse die Wirtschaft nur auf lange Sicht wieder. Kurzfristig dagegen sind die Börsenkurse von ganz anderen Variablen Abhängig: Nämllich den Emotionen der Menschen. Ben Graham hat dies treffend ausgedrückt: Kurzfristig sind die Märkte Abstimmungsmechanismen, langfristig dagegen funktionieren sie als Gewichtungsmechanismen. Durh rationales Verhalten kann sich der wertorientierte Investor dies zu Nutzen machen, indem er geduldig wartet bis die Aktienkurse den inneren Wert der zugrunde liegenden Unternehmen nicht wiederspiegeln. Dann ist die Zeit um "einkaufen" zu gehen - unabhängig was Andere tun und wie düster die Prognosen auch sein mögen.

Nun aber wie versprochen einige Worte zur aktuellen Situation: Für einen Euro Gewinn muss ein Investor momentan 11 Euro bezahlen - en Schnäppchen???
Nun historisch gesehen waren für einen Euro Gewinn 15 Euro auf den Tisch zu legen. Allerdings vernachlässigt diese Betrachtung 2 wesentliche Punkte:

1) Gewinnmargen
Aktuell betragen die Bruttomargen 8 bis in der Spitze 9 Prozent. In der Rezession 2002/2003 betrugen die Margen gerade einmal 3 Prozent. Die Wahrheit ist einfach: Wir haben kein neues Zeitalter der Prosperität beschritten - Gewinnmargen schwanken um ein Mittel von etwa 5 Prozent. In Rezessionen werden sie darunter liegen und in Boomphasen darüber. Der intelligente Investor berücksichtigt diesen Effekt und adjustiert die Gewinne um die Reale Ertragskraft zu erhalten. Adjustieren wir also das KGV von aktuell 11 indem wir die Gewinne um 30% kürzen was einer Korrektur der Gewinnmarge von 8% auf 5% entspricht so erhalten wir ein "reales" KGV von 15,7.

2) Inflation
Inflation ist für Aktienkurse das, was für uns die Schwerkraft ist: Höhere Inflation zieht die Aktienkurse nach unten und umgekehrt. Der Grund liegt auf der Hand: Wenn Sie einen Euro ein Jahr zu 5% anlegen und die Preise in diesem Jahr um 5% steigen, dann können Sie sich nicht mehr leisten als zu Beginn es Jahres. Für den Anleger sind nur reale Kaufkraftsteigerungen von Bedeutung, ansonsten würden betragsmäßig hohe Gewinne zwar seinen Geldbeutel nicht jedoch seinen hungrigen Magen füllen. Die letzte Dekade war geprägt von "billigem Geld" - die Rechnung dafür kommt wie so oft später: Wenn die Regierungen dieser Welt - allen voran die USA - fleißig Geld drucken, so wird dieses in Relation zu den Gütern dieser Welt billiger. Kurzum stellen Sie sich auf höhere Inflationsraten in der Zukunft ein. Ein guter Vergleichsmaßstab sind in diesem Zusammenhang die Renditen von Staatsanleihen: Aktuell haben wir in den USA 5% Inflation und in Europa etwa 3% Inflation. Natürlich müssen die Renditen von Staatsanleihen langfristig über der Inflationsrate liegen. Rechnen wir der Einfachheit halber mit 7% und vergleichen diese Rendite mit der 4% Dividendenrendite des Dax, so erscheint letztere plötzlich nicht mehr so attraktiv. Da Unternehmen jedoch enen Teil ihrer Gewinne einbehalten sollte die Anleihenrendite auch mit den Gesamten Unternehmensgewinnen verglichen werden: Hier stehen den 7 % für Anleihen 6,4 % gegenüber (=1:15,7).

Fazit:
Aktuell sind die Aktienmärkte keineswegs auf historischen Tieftsständen was die Bewertung betrifft. Allerdings lassen sich aktuell sehr wohl Unternehmen mit sehr guten Ökonomien ausmachen, die zu attraktiven Preisen zum Verkauf stehen. Der wertorientierte Investor wird also seine Augen offen halten und gleichzeitig darauf hoffen, dass die Menschen in Panik und Depression verfallen, denn dann hat er die Möglichkeit im Stile Tempeltons einzusteigen und "aufzuräumen".


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Seit wann ziehen höhere Inflationsraten die Aktienkurse nach unten? Seit jeher gleichen höhere Aktienkurse die Wertverluste in der Währung aus - wie man besonders eindrucksvoll in hyperinflationären Zeiten beobachten kann.
Und wieso die Staatsanleihenrenditen die Inflationsrate übersteigen "müssen" ist mir auch schleierhaft; man kann lediglich sagen, dass es ökonomisch keinen Sinn ergebe, welche darunter zu kaufen.
basil2000